Angela, wir müssen reden!

13.04.2016 19:35 von Sabine Driehaus

…über das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)


Nachdem das EEG 2014 Betreiber von Ökostromanlagen zur Direktvermarktung (= nicht über die Börse) gezwungen, gleichzeitig aber die Vorrangstellung der erneuerbaren Energien vor den konventionellen praktisch ausgehebelt hat, droht jetzt neues Ungemach:
Das EEG 2016 sieht vor, dass Ökostromanlagen über einem Megawatt künftig nicht mehr von jedem beliebigen Investor gebaut und betrieben werden dürfen, sondern öffentlich ausgeschrieben werden müssen. Den Zuschlag, bzw. die damit verbundene Förderung erhält der günstigste Anbieter. Ein derartiges Ausschreibungsmodell wird die Errichtung von Bürgerenergieanlagen deutlich erschweren: Kleinbetreiber hätten gegenüber Großinvestoren, die über einen wesentlich größeren Finanzspielraum verfügen und Kosten innerhalb ihrer Firma umverteilen können, kaum eine Chance auf dem Markt.
Die erneuerbaren Energien haben mittlerweile einen Anteil von 33 Prozent am deutschen Strommix; Bürgerenergieanlagen liefern rund die Hälfte davon. Sie produzieren den Strom dort, wo man ihn braucht und sorgen dafür, dass die Gewinne in den Kommunen bzw. in der Region bleiben. Diese kleinräumigen, demokratischen Strukturen (die „Unterwanderung der Energiewirtschaft durch die erneuerbaren Energien“; Originalton Günther Oettinger) machen den bisherigen Erfolg der Energiewende aus.
Kleine, dezentrale Ökostromanlagen sind für die großen Energieversorger allerdings wirtschaftlich uninteressant, da deren Betrieb ein hohes Maß an Flexibilität erfordert.


...über die Höchstspannungsleitungen


Jedes Handelsunternehmen stellt sicher, dass es dort, wo es sich niederlässt, auch Abnehmer hat. Betreiber von Offshore-Windkraftanlagen haben das offenbar nicht nötig, dem Rundum-Sorglos-Paket der Bundesregierung sei Dank: 19 Cent pro Kilowattstunde Einspeisevergütung gegenüber 9 Cent für Anlagen an Land (zahlt der Stromverbraucher), eine Offshore-Umlage für Ausfallzeiten aller Art (zahlt der Stromverbraucher), neue Stromleitungen, die den Strom zu den Abnehmern bringen sollen (zahlt der Stromverbraucher). Das derzeitige Netz von Kohle- und Atomkraftwerken ist so dicht, dass im Schnitt kein Verbraucher weiter als 100 km vom Versorger entfernt ist. Das hat seinen Grund: Bei Wechselstromleitungen geht mit zunehmender Entfernung vom Kraftwerk viel Leistung verloren. Trotzdem rechtfertigen die Netzbetreiber den Neubau von Wechselstromleitungen damit, den Offshore-Windstrom nach Süden transportieren zu müssen. „Wie weit?“ fragt man sich da. Für den Raum Osnabrück findet sich jedenfalls auf der Webseite des Netzbetreibers Amprion folgende Erklärung: „Der Ausbau des Höchstspannungsnetzes bindet sowohl das Kraftwerk in Ibbenbüren als auch die regionalen Offshore-Windparks effizienter in die Region ein.“ Wenn der Nordsee-Strom die Region Osnabrück tatsächlich versorgen kann, wozu brauchen wir dann noch das Kraftwerk in Ibbenbüren, das ja bekanntlich mit Import-Steinkohle betrieben wird?


…und über den CO2-Ausstoß


Deutschland ist das europäische Land mit dem höchsten CO2-Ausstoß – ein unrühmlicher Superlativ, über den die Politik natürlich nicht spricht; schmückt sie sich doch in der Weltöffentlichkeit nur zu gerne mit dem grünen Image einer Vorreiterin der erneuerbaren Energien. Dennoch hält die Bundesregierung mit aller Macht an den alten „Stinkern“ der Kohle- und Automobilindustrie fest: Statt zukunftsweisender, umweltschonender Technologien fördert sie rückwärtsgerichtete, umweltschädliche Dinosaurier; die Steuerbefreiung von Elektroautos senkt sie von 10 auf 5 Jahre und setzt sich bei der EU für großzügigere Abgaswerte ein. Spätestens dann, wenn die selbstgesteckten Klimaschutzziele nicht eingehalten werden können und aus dem einstigen technologischen Vorreiter ein Nachzügler geworden ist, wird sie merken, dass der „Grünwäsche“ fossiler Energieträger Grenzen gesetzt sind.
Und was tun wir dann ohne erneuerbare Energien? Grüaß di gott, AKW?
Tschüss, Deutschland.

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